Das MBUI-Fondsmanager-Tagebuch für Dezember 2022 ... Against All Odds (Take a Look at Me Now)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der Mehrwertphasen-Strategie,
1984 erschien der Titelsong des gleichnamigen Films. Phil Collins gewann mit "Against All Odds" ("Gegen allen Widerstand") sowohl den Oscar als auch den Golden Globe für die beste Filmmusik sowie je einen Grammy Award für die beste männliche Gesangsdarbietung und für den Song des Jahres. Es ging - natürlich - um Liebe.
Was das mit dem MBUI zu tun hat? Nun, gegen alle Widerstände in diesem alles andere als erfreulichen Jahr hat er sich bestens gehalten. Schaut man sich seine Wertentwicklung in diesem Jahr - sei es im Vergleich zu maßgeblichen Indices oder zu bekannten und beliebten Topsellern - an, so könnte man sich glatt in ihn verlieben. Deshalb die Empfehlung: Take a look at him now! Es lohnt sich.
Lesen Sie hier, welche Überlegungen uns im Dezember leiteten, wie wir gewonnene Erkenntnisse konkret umsetzten und was das Jahr 2022 insgesamt dem MBUI bescherte.
(Alle Ausgaben des MBUI-Fondsmanager-Tagebuchsfür die jeweils letzten 12 Monate finden Sie - nach Bestätigung des Disclaimers - im Bereich für Investment-Professionals auf der MBUI-Website.)
Donnerstag, 01.12.2022
Die Rallye der Aktienmärkte erscheint uns nach wie vor nicht vertrauenserweckend. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass viele der Misch- und Alternative-Fonds, die wir grundsätzlich sehr schätzen, in den letzten Wochen eher verloren als gewonnen haben. Sie waren - wie wir - eher pessimistisch. Wir verkaufen die jeweils letzte kleine Position des "Flexiblen Mischfonds 2" sowie des "Globalen L/S-Aktienfonds 1". Beide haben nicht an die hervorragenden Ergebnisse des vergangenen Jahres anknüpfen können. Beide notierten im November auf dem Tiefpunkt seit ihrem letzten Allzeithoch:
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Dass die Inflationsrate zunächst einmal sinken wird, ist zu einem Teil auf die Übernahme der Gasabschlagszahlungen im Dezember sowie auf die im nächsten Jahr einsetzende Strom- und Gaspreisbremse zurückzuführen. Ein nachhaltiger Rückgang der Inflation ist jedoch unserer Meinung nach noch längst nicht in Sicht. Die Löhne werden deutlich steigen. Lohnforderungen in zweistelliger Höhe überraschen aktuell nicht. Die Lebensmittelpreise sind bereits weit oberhalb der Inflationsrate gestiegen. Wir können uns gut vorstellen, dass die Märkte von einer zweiten Welle der Inflation überrascht und auf dem falschen Fuß erwischt werden.
Nach wie vor sehen wir keine "Kapitulation" der Anleger (meist ablesbar an einem Höchststand der Volatilität). Die kurzfristigen Zinsen rangieren deutlich unter den langfristigen - dies wird als sicheres Signal für eine bevorstehende Rezession gewertet. Trotzdem wird es wohl weitere Zinserhöhungen geben. Insbesondere die EZB, die im Vergleich zur Fed mal wieder hinterher hinkt, kann mit den derzeitigen ZInsen nicht annähernd daran denken, die Inflation wieder auf 2% zu begrenzen. Die etwas flexiblere Fed könnte das Inflationsziel vorerst auf 3% oder 4% erhöhen, doch auch dazu reicht die derzeitige Höhe der Zinsen noch nicht aus. Ob es unter diesen Umständen in den USA tatsächlich ein Soft-Landing der Wirtschaft gibt, bleibt abzuwarten. Wir sind skeptisch und die logische Konsequenz einer solchen Skepsis kann nur sein, dass man mit großer Wahrscheinlichkeit von einem weiteren Sinken der Kurse ausgeht. Genau das tun wir.
Ungemach droht auch von der Bankenseite. Kreditausfälle privater Haushalte sowie diverser "Zombie-Unternehmen" werden die aktuell sprudelnden Bankengewinne drücken. Große Probleme hat derzeit offensichtlich die Credit Suisse, deren fünfjährige Credit Default Swaps sich binnen einem Jahr auf das Neunfache (!) verteuert haben.
Freitag, 02.12.2022
Wie nervös die Märkte sind, zeigt sich auch heute wieder. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen in den USA stiegt mit 263.000 deutlich stärker als erwartet. Auch die Lohnkomponente lag über den Erwartungen. Diese eigentlich gute Nachricht schickte die Märkte ins Minus, weil diese Daten der US-Notenbank keinerlei Grund bieten, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Die Hoffnung auf schnell wieder sinkende Zinsen ist damit erst mal vertagt.
Freitag, 09.12.2022
Wir verkaufen die Absicherung auf den S&P 500, um diese bei weiter steigenden Märkten sukzessive wieder aufzubauen.
Donnerstag, 15.12.2022
Auch die EZB hat - wie die Fed - die Leitzinsen erneut um 0,50% angehoben. Für das Gesamtjahr 2023 hat die EZB ihre Projektion abermals erhöht. Sie geht nun von einer durchschnittlichen Inflation von 6,30% für nächstes Jahr aus. Zudem wurde verkündet, dass die APP-Bestände (Asset Purchase Programm) ab Anfang März bis zum Ende des 2 Quartals um monatlich 15 Milliarden Euro abgebaut werden. Die Inflation sinkt erwartungsgemäß leicht, bleibt aber in der Eurozone zweistellig. Ein Grund zum Jubeln ist das sicher nicht. Preise für Nahrungs- und Genussmittel steigen jedoch um 13,6%. Für breite Einkommensschichten ist die Teuerungsrate damit deutlich höher als die von Eurostat ermittelte Inflationsrate.
Dienstag, 20.12.2022
Nun droht Ungemach auch noch von der japanischen Währung, denn die japanische Notenbank hat - für viele überraschend - mitgeteilt, dass sie nun einen stärkeren Zinsanstieg für lang laufende Staatsanleihen zulassen würde. Keiner der von Bloomberg befragten 47 Ökonomen hatte eine so baldige Neujustierung der japanischen Geldpolitik erwartet. Verglichen mit den Zinsschritten in den USA und in Europa ist der Anstieg in Japan eher marginal. Das Problem ist jedoch, dass viele Anleger sich in Yen verschuldet haben, um in Assets in anderen Währungsräumen zu investieren. Die Kommentierung des wahrscheinlichen Zinsanstiegs reicht deshalb von "Paukenschlag" bis "Schock".
Donnerstag, 22.12.2022
Die vorbörslich veröffentlichten US-BIP-Daten waren deutlich stärker als erwartet. Normalerweise eine gute Nachricht für die Börsen, die jedoch im inflationären Umfeld das Gegenteil bewirkt, denn damit bleibt der Fed keine Wahl: Die Zinsen müssen weiter steigen. Die Aktienkurse geben dementsprechend nach.
Wir haben inzwischen in drei Schritten den "2 x Short S&P 500-ETF" wieder aufgebaut. Zusätzlich zu geringen Aktienquoten und Absicherungen in den Zielfonds sind wir nun netto weitere 6% short, was sich heute schon mal bezahlt macht. Auch die aufgestockte Position im "Dynamischen Edelmetall-Mischfonds 1" entwickelt sich aktuell gut.
Zudem nutzen wir einen leichten Rückgang des Ende letzten Monats allokierten "Flexiblen Mischfonds 3", den wir nun auf gut 6% des MBUI-Portfolios aufstocken. Hier erwarten wir weiteren Wertzuwachs, da der Fonds auf unterschiedliche Strömungen bravourös reagiert. Aktuell liegt der Fonds in diesem Jahr mit knapp 39% (!) im Plus. Dabei hat er einen temporären Drawdown von 13,64% im Sommer des Jahres mit Leichtigkeit wieder aufgeholt, um bereits Anfang Novemer auf neuem Allzeithoch zu notieren.
Freitag, 30.12.2022
Mit einer verkürzten Handelszeit verabschieden sich die Börsen von einem vollkommen verkorksten Jahr, welches noch lange in Erinnerung bleiben dürfte.
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Betrachtet man die Aktien- und die Anleihenmärkte im Mix, so konnte man es drehen und wenden wie man wollte. Es war völlig egal, ob man 20% Aktien mit 80% Anleihen mischte oder umgekehrt. Beide Assetklassen verloren gleichermaßen und der Rückblick zeigt, dass es sich um das schlimmste Jahr seit gut 150 Jahren handelte. Nur dreimal überhaupt gab es gleichzeitig Kursverluste an den Aktien- und Anleihemärkten. Das letzte Mal passierte dies im Jahr 1987, also vor 35 Jahren. Doch in diesen drei Jahren (1941, 1969 und 1987) lagen die Verluste auf beiden Seiten deutlich im einstelligen Bereich. In den wenigen Jahren, in denen es höhere Aktienmarktverluste gab, konnten diese - teilweise oder ganz - durch Kursgewinne auf der Anleihenseite kompensiert werden. |
Nun ist die Statistik um einen Extremwert bereichert. Zweistellige Verluste beider Assetklassen zugleich gab es in den letzten 150 Jahren noch nie.
Die Ergebnisse der US-Märkte konnten für Euro-Anleger durch den starken US-Dollar noch deutlich abgefedert werden. Die hiesigen Märkte erlitten jedoch in etwa gleiche Ergebnisse wie in den USA: Der DAX verlor 12,35%, Euro-Staatsanleihen verloren sogar 17,47%. Ein Gegensteuern war damit kaum möglich, wollte man nicht in Öl- und sonstige Energieaktien oder an der türkischen bzw. der russischen Börse investieren. Dies waren die wenigen Märkte, die in 2022 positive Ergebnisse lieferten. Ansonsten gab es für Mischfonds nur eine Möglichkeit, sich zu profilieren: Weniger verlieren als die Märkte und die Wettbewerber.
Wie sich die zum Jahresende allokierten MBUI-Zielfonds in diesem Umfeld geschlagen haben, zeigt die folgende Grafik:

Fonds, die im Laufe des Jahres verkauft wurden, sind in obiger Grafik nicht mehr enthalten. Umgekehrt ist nur ein Teil der Performance der Fonds, die erst im Laufe des Jahres allokiert wurden, im MBUI-Ergebnis enthalten. So hat bspw. der "20+ Anleihen-ETF" zwar eine Jahresperformance von minus 33,66% abgeliefert. Über den kurzen Zeitraum, in dem der MBUI investiert war, gab es jedoch nur einen Verlust von 0,68%.
Insgesamt schloss der MBUI das Jahr mit einem Minus von 7,17% ab. Um dieses Ergebnis besser einordnen zu können, haben wir den MBUI mit einigen der großen und bekannten Megaseller verglichen. Bis auf einen der fünf vergleichenen Fonds haben sich diese wohlgemerkt besser als das FINANZTEST-Pantoffelportfolio aus DAX und Euro-Anleihen (in welchem Mischungsverhältnis auch immer) entwickelt. Zwei der fünf Fonds sind sogar im MBUI allokiert. Wir haben hier also nicht einfach ein paar der schlechteren Mischfonds mit hohem Volumen herangezogen (die in diesem Zusammenhang "Verdächtigen" kennen Sie alle).
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Natürlich muss neben der Performance auch immer der maximale Drawdown berücksichtigt werden, denn erst die Performance in Relation zum Verlustrisiko macht den Leistungsvergleich perfekt. Allerdings lag in 2022 der Maximum Drawdown nicht weit vom jeweiligen Jahresergebnis entfernt. Die in obiger Grafik verglichenen Fonds erlitten einen Maximum Drawdown zwischen 9,99% (DJE Zins & Dividende) und 20,07% (Kapital Plus). Im Schnitt lag der Drawdown der fünf Fonds mit 15,70% mehr als doppelt so hoch wie der des MBUI.
So schließen wir dieses Jahr zwar mit einem Minus ab, können jedoch angesichts des Marktumfeldes auf das relative Ergebnis im Vergleich zu vielen anderen - nicht nur den oben verglichenen - Fonds durchaus zufrieden sein, auch wenn man natürlich im Nachhinein stets weiß, was man noch alles hätte besser machen können.
So take a look at me now ... das Konzept der drei miteinander kommunizierenden Sub-Portfolios hat sich nach dem Bullenmarkt von 2020/21 nun auch im Bärenmarkt von 2022 bewährt. Was auch immer das neue Jahr bieten mag - wir werden uns darauf einstellen und unser Bestes geben.
Ihnen/Euch wünschen wir bei dieser Gelegenheit nochmals alles Gute für das gerade begonnene Jahr, welches sich mit einem vermeintlichen Aufwärtstrend anbiedert, um sich möglicherweise schon bald erneut von seiner hässlichen Seite zu zeigen. Wir bleiben deshalb vorsichtshalber vorsichtig..
Ihr/euer Jürgen Dumschat |