Das MBUI-Fondsmanager-Tagebuch für August 2024 ... ist diesmal alles anders?
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der Mehrwertphasen-Strategie,
wie oft haben wir es schon gehört oder gar selbst gesagt, um dann festzustellen, dass es doch nicht stimmt? Anders sind bestenfalls Details. Die Kurse steigen länger und/oder höher als in früheren Fällen, aber irgendwann ist - zumindest vorerst - Endstation. Niemand kann dauerhaft nur einatmen und genauso muss auch die Börse mal Luft ablassen.
Anfang des Monats sah es so aus, als ob es nun so weit ist. Innerhalb der ersten drei Handelstage verlor der DAX 6,32%. Der S&P 500 sank 6,73% und der Nasdaq 100 sogar 8,51%. Doch es war noch nicht das reinigende Gewitter, sondern nur ein Wetterleuchten. In nur zwei Wochen hatten alle drei Indices den Verlust der ersten drei Tage des Monats wieder aufgeholt. Der DAX und der S&P 500 erreichten - anders als der US-Tech-Index - wenige Tage später sogar neue Allzeithochs. Nur in Japan, wo das kleine Sturm-Tief ausgelöst wurde, rangiert die Börse noch unterhalb des Indexstandes per Monatsbeginn und deutlich unterhalb des Höchststandes vom Juli.
Aber ein derart kurzer Einbruch kann noch nicht alles gewesen sein. Der Tanz auf dem Vulkan geht noch weiter. Sein Ausbruch steht noch bevor. Wir wollen uns nicht die Füße verbrennen.
Nun aber zu unseren Tagebuchnotizen für den vergangenen Monat ...
(Alle Ausgaben des MBUI-Fondsmanager-Tagebuchs für die jeweils letzten 12 Monate finden Sie - nach Bestätigung des Disclaimers - im Bereich für Investment-Professionals auf der MBUI-Website.)
Freitag, 02.08.2024
Die Umstellung auf eine defensive Ausrichtung des MBUI erfolgte - hinterher lässt sich das leicht sagen - eindeutig zu früh. Das kostete hinsichtlich der Fonds, die weiterhin gut performten, Rendite und hinsichtlich der Absicherungen mit Double Short-ETF´s Geld. Das ist nicht schön und hat dazu geführt, dass der MBUI den Juli mit einem Minus von 0,20% beendet hat. Im Vergleich zu den drei aktuellen Bestsellerfonds, die teilweise eine deutlich offensivere Ausrichtung hatten, führte dies allerdings nur zu einer Underperformance von wenigen Basispunkten (siehe linke Grafik). Doch schon beim Rückblick auf die letzten sechs Monate (rechte Grafik) sieht man den Erfolg des Zusammenspiels der drei Sub-Portfolien des MBUI, wobei man auch bedenken sollte, dass die verglichenen Topseller zum Teil mit einer mehr als doppelt so hohen Netto-Aktienquote unterwegs waren und sind.
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Längst haben wir uns - und Sie sicherlich genauso - daran gewöhnt, dass man nie den richtigen Zeitpunkt trifft, um bspw. von moderat offensiv auf defensiv umzuschalten. Aber man bremst auch vor der Kurve lieber etwas zu viel ab, wenn man nicht weiß, wie scharf die Kurve ist und wie es dahinter weitergeht.
Was wäre denn geschehen, wenn wir mit der erneuten Allokation der Absicherungs-ETFs abgewartet hätten? Am 31. Juli erreichte der DAX in der letzten Stunde des Börsenhandels einen Stand von 18.509 Punkten. Am nächsten Morgen eröffnete er fast 200 Punkte tiefer und stabilisierte sich dann. Ein solches "Verhaltensmuster" war in den letzten Monaten oft zu beobachten und meist drehte der DAX in der Folge - oft schon am nächsten Tag - wieder ins Plus. Doch gestern lief es anders. Wiederum in der letzten Handelsstunde sank der DAX urplötzlich um weitere 220 Punkte. Jetzt noch eine Double Short-Absicherung einzuziehen, wäre ein hohes Risiko gewesen. Doch mit einem immensen Plus im Rücken ließen wir die Double Short-Absicherung natürlich allokiert. Heute Morgen eröffnete der DAX weitere 232 Punkte tiefer.
Montag, 05.08.2024
Die heute veröffentlichten Sentiment-Werte von sentix fallen deutlich schlechter aus als erwartet. In den USA beschleunigt sich die konjunkturelle Abkühlung. So sind bspw. die Konjunkturerwartungen zum vierten Mal in Folge - nun auf minus 10,0 Punkte - gefallen. Die Lage-Werte gaben noch deutlicher nach.
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In Deutschland sind die Lage-Werte um satte 10,5 Punkte auf minus 42,8 Punkte zurückgefallen. Das ist der tiefste Wert seit Juni 2020, also in der Hochphase der Corona-Pandemie. Die Erwartungskomponente liegt bei minus 18,5 Punkten ... ein Rückgang um 13,7 Punkte. Dies stellt düstere Konjunkturzahlen für Deutschland in Aussicht. Doch der DAX zieht wieder - und weiter - nach oben. An einem Tag wie heute diskutieren wir, ob wir die Double Short-Absicherung nicht doch wieder auflösen sollten. Mittags freuen wir uns, dass wir sie noch haben und abends hat man dann doch wieder ein kleines Minus im Tausch gegen eine letztendlich nicht benötigte Absicherung erzielt. |
Dabei nimmt auch die Zahl der Insolvenzen immer deutlicher zu. Die Landesbanken möchten die Kreditrisiken nun schon in einem Pool bündeln. Im Gespräch ist ein Volumen von rund 600 Millionen Euro von aktuell 61 Sparkassen. Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist auf den höchsten Stand seit zehn Jahren gestiegen.
Montag, 19.08.2024
Der DAX ist nun den zehnten Tag in Folge gestiegen. Eine noch längere Gewinnserie gab es zuletzt vor zehn Jahren. Auftakt zu einer weiteren Kursrallye oder drohen neuerliche Rückschläge? Selten waren sich die Analysten derart uneins in dieser Frage.
Mittwoch, 21.08.2024
Nach zweimaligem Dip gingen wir davon aus, dass die Indien-Rallye nun weiterläuft. Doch unmittelbar nach Einstieg (gelbe Linie) kam es zu heftigen Turbulenzen um die Adani-Group des reichsten Mannes Asiens, Gautam Adani. Der Aktienkurs stürzte ab und zog die Börse insgesamt in Mitleidenschaft. Wir waren überzeugt davon, dass die Entwicklung dadurch nicht aufzuhalten ist und hielten an der Position fest - zu Recht, wie sich herausstellte. |
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Ansonsten wächst unsere Skepsis. Die potentielle Fallhöhe steigt. Anleger und Finanzdienstleister sehen es wohl insgesamt ähnlich. Wie wäre es sonst zu erklären, dass unter den elf meistverkauften Fonds der großen Maklerpools im Juli fünf Geldmarktfonds und ein Laufzeitfonds zu finden sind. Alleine unter den fünf Top-Fonds sind auf den Rängen 1, 2 und 4 drei Geldmarktfonds platziert.
Donnerstag, 22.08.2024
Eine Revision der US-Arbeitsmarktdaten für den Zeitraum von April 2023 bis März 2024 offenbarte 818.000 zusätzlich Jobverluste. Das ist prekär, denn damit ist klar, dass die Wirtschaftslage in den vergangenen 18 Monaten bezüglich der Entwicklung am Arbeitsmarkt nicht realistisch diskontiert wurde. Doch der richtige Skandal folgte erst noch, als US-Handelsministerin Gina Raimondo auf dem Kongress der Demokraten dazu befragt wurde. Sie sagte, sie glaubt nicht an diese Zahlen, weil wahrscheinlich Donald Trump dahinter stecke. Als sie dann aufgeklärt wurde, dass die Zahlen aus dem Bureau of Economic Analysis stammen, für das sie als Handelsministerin zuständig ist, antwortete sie "I am not familiar with that." Unglaublich!
Donnerstag, 29.08.2024
7% mehr Lohn bei einer Laufzeit von 12 Monaten fordert die IG Metall für die VW-Beschäftigten. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man schaut sich die Inflationsstatistik an und passt seine Lohnforderungen daran an oder man fordert hohe Löhne, damit sich die Inflationsstatistik daran anpasst.
Freitag, 30.08.2024
Nach vorläufigen Berechnungen ist die Inflationsrate im August auf 1,9% gesunken. Ziel erreicht? Schaut man sich die Kerninflation an, so muss man daran zweifeln. Vor allem sind nämlich (die in der Kerninflation nicht enthaltenen) Energiepreise gesunken. Laut ADAC fielen die Benzinpreise in den letzten Tagen zeitweise auf den niedrigsten Stand des Jahres. Dabei spielte die Dollar-Schwäche eine gewichtige Rolle, denn der Euro, der Anfang des Monats noch 1,08 US-Dollar kostete, stieg in der Spitze bis auf 1,12 US-Dollar.
Rückläufige Inflation gab es auch beim MBUI. Dessen Anteilspreis verbilligte sich im August um 0,86%. Den Ausschlag gab ein schlechtes Timing für die Aufstockung der DAX-Absicherung. Exakt am Morgen des 05. August hatten wir den "2 x Short-DAX-ETF" um knapp ein Drittel auf 4,36% aufgestockt. Kaum war die Order ausgeführt, drehte der Markt und die Befürchtung, dass es sich dabei nur um eine kurze Reaktion handeln könnte, bewahrheitete sich - zumindest in diesem Monat - nicht. Während der Double Short-ETF im August nur 3,67% verlor, fehlte für den Betrag der Aufstockung die positive Performance der ersten vier Handelstage des Monats - sage und schreibe 13,63%. Nun sind wir wahrlich keine Daytrader, denn wir richten unsere Absicherungsentscheidungen nicht an Intraday-Tendenzen aus. Dass es einen dabei derart erwischt, ist eher selten.
Nach wie vor sind wir jedoch der festen Überzeugung, dass es beim DAX - genauso wie bei auch in den USA - zu einer kräftigen Abkühlung der Börsenkurse kommen sollte, ehe der Weg für das Erreichen neuer Höchststände frei ist. Die Annahme, dass diesmal alles anders ist, könnte - wie eigentlich immer - zum Bumerang werden.
Mehr natürlich auch in dem in Kürze erscheinenden MBUI-Monatsbericht. Bis zum nächsten Mal ...
Ihr/euer Jürgen Dumschat
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